TRIO DE JANEIRO
Latin Jazz
Georg Gratzer - Woodwinds
Thomas Mauerhofer - Gitarre
Raphael Meinhart - Vibraphon, Marimbaphon
Wie konnte es geschehen, dass als der portugiesische Seefahrer Gaspar de Lemos am 1. Januar 1502 die Guanabara-Bucht entdeckte, diese irrtümlich für die Mündung eines Flusses hielt?
(Wie es zum Namen der Stadt Rio (!) de Janeiro (!) kam, sollte mittlerweile ersichtlich sein.) Auch was genau er dort tat, ist nicht bekannt. Von Lemos blieb letztlich nur die Erinnerung an einen nicht erheblich folgenschweren Irrtum und eine kaum zu bändigende Frisur.
So dürfte er auch mit der Entstehung der Aymara nichts zu tun haben. Eine von gleich drei Thesen zur Herkunft des indigenen Volkes auf bolivianischem Staatsgebiet behauptet nämlich, dass die Eroberer damals durch das Unding Umvolkung neue, aus Solidarität gegen die Beherrscher gegründete Gemeinschaften erzeugten. Aber erstens waren die Eroberer meistens Spanier und Lemos bekanntlich Portugiese, und zweitens würde der Seemann, von dem nicht mal ein halbwegs plausibles Todesdatum bekannt ist, so was ja gar nicht zustande bringen. Wie kann man denn als Seemann eine Mündung mit einer Bucht verwechseln?
Vielleicht lag es an seiner Ehefrau Penelope, die während der langen Reisen ihres Mannes daheim in Porto wartete und bekanntlich niemals daran glaubte, dass ihr Mann jemals so bekannt sein würde wie Colon oder die anderen. Er hatte sogar schon einmal etwas entdeckt. Pikanterweise ebenfalls eine Bucht, die er aber auch als solche erkannte. Ein Jahr später kehrte er mit Amerigo Vespucci dorthin zurück, der sich prompt selbst als Entdecker feiern ließ.
Lemos schaute durch die Finger, was Penelope ziemlich in Rage brachte. Schließlich erwarteten die beiden ein Kind, das Jahre später dummerweise keine Lebensgeschichte seines Vaters zu schreiben begann, wie es etwa Colons Junge tat, weshalb man von Lemos eigentlich so gut wie nichts weiß.
Lemos Sohn, den wir der Einfachheit halber auch Gaspar nennen wollen, verschrieb sich leicht verwirrt dem Wiedertäufertum und zog 1533 gemeinsam mit Jan van Leiden nach Münster, den er ganz zufällig auf einer Hexenverbrennung in Lissabon kennen gelernt hatte. Der charismatische Holländer hatte es ihm angetan. Dank der gerade erst verordneten Vielehe im belagerten Paradies war er mit zwei Frauen verheiratet. Gerlind, eine 21-jährige Fundamentalistin aus Bielefeld, und Margarete, eine 47-jährige Witwe aus Aachen. Während Gaspars Ende eng mit der Hellebarde eines Landknechts der gegnerischen Seite verbunden ist, starb Gerlind beim Versuch, Vögel von dem Käfig zu vertreiben, in dem Jan van Leiden hoch oben am Turm des Doms seinen Tod fand. Margarete sprach einen dermaßen unverständlichen Akzent, dass Gaspar sie kaum verstand. Sie gilt nach wie vor als verschollen.
Gaspar, der Seemann, der die Grundbegriffe der maritimen Geographie noch immer miteinander verwechselte, war zu dieser Zeit schon alt. Er vergnügte sich die Zeit mit Brettspielen am Hafen und ging abends gern in eine illegale Spelunke in den Katakomben der Stadt, wo er die kümmerlichen Ersparnisse seiner Entdeckungsreisen an gerissene Untergrundganoven verlor. Gern hätte er mehr aus seinem Leben gemacht. Wäre gern nicht nur an irgendwelche Buchten gefahren und hätte Vespucci schon vor Jahrzehnten vom Schiff werfen sollen, diesen florentinische Taugenichts.
Gaspar warf gerade die Würfel, als ihn der junge Schriftsteller Francisco de Morais ansprach, der zugleich Schatzmeister des portugiesischen Königs Johann III. war. Um seine Eltern zu beruhigen, wie er seinen Dandy-Freunden immer erzählte, deren affektiertes Gehabe erst Jahrhunderte später zur Stilikone erhoben werden sollte. Er erzählte Gaspar von einem Romangenre, das er begründen wollte. Ritterromane, die jeder versteht, sollten es werden. Gaspar gefiel die Idee gut, wenig später starb er jedoch beinahe im Hinterhof einer Hafenkneipe, als er kein Geld bei sich hatte und ein an sich harmloser Räuber darüber derart erbost war, dass er ihn mit einem Stein niederschlug, den Gaspar seltsamerweise immer bei sich trug. Den Stein mit seinem Namen und dem eingeritzten Jahr 1501 hatte Vespucci damals einfach aus dem Boden gerissen und seinen eigenen Entdeckerstein in die Bucht geschmettert. So war er, der Vespucci.
Francisco de Morais schrieb übrigens Jahre später in seiner Tätigkeit als Botschafter in Paris wirklich sehr berühmte Ritterromane, die sogar der Spanier Miguel de Cervantes viele Jahre später ausdrücklich lobte. Cervantes gilt übrigens als Erfinder des Ritterromans schlechthin, Morais wurde 1572 in Evora ermordet. Gaspar de Lemos jedoch, der lebte damals immer noch. Auch wenn das heute niemanden mehr interessiert.